Luderskows Welten

Die schwarze Spinne


Es war einmal...sollte ich es wie ein Märchen anfangen, das was ich zu erzählen habe? Eines ist sicher: es ist wahr, so wahr, wie ich hier vor Ihnen sitze darauf gebe ich ihnen mein ehrenwort als gentelment. Ich bin mir sicher, daß ich all dem Erlebten nicht gerecht würde, finge ich es an wie bei ein Märchen....obwohl gerade diese so grausam sein können...


Sein Blick war nachdenklich. Es stand auf seiner Stirn geschrieben, daß er unsicher war. Zu grausam war das Ereignis. Es hatte ihn gezeichnet, Spuren der Angst hatten sich auf seinem Gesicht niedergelassen. Spuren von ihr - der schwarzen Spinne.


Es ist also an mir, seine Geschichte, das schreckliche, von ihm Durchlebte, zu erzählen. Mein Name - nennen Sie mich Bartholomé. So heiße ich zwar nicht wirklich, aber ich will vermeiden, daß mein Herr ausfindig gemacht werden kann. Zu selten ist mein tatsächlicher Name, so selten wie die schwarze Spinne. Ich kann all dies natürlich nur so wiedergeben wie ich es selbst gehört habe - ja, ich glaube, daß er es Ihnen besser berichten könnte aber wenn ich ihn so sehe, wie er dasitzt in seinem alten, verschlissenen Ohrensessel (beide haben gewiß schon bessere Tage gesehen), überkommt mich eine Welle von Mitgefühl. Ich vermag es nicht zu sagen - aber es würde mir bestimmt ähnlich gehen wie ihm (vielleicht noch schlimmer), wäre ich es, der sein Erlebnis wieder und wieder durchleben müßte.


Damals, im letzten Krieg, lagerte ein Trupp Soldaten nahe eines Baches. (recht idyllisch mag es dort gewesen sein: Ein Bach, Bäume, die Schatten spenden - aber ich schweife ab). Er könnte es Ihnen besser erzählen als ich. Er, so bin ich sicher, hätte sich jetzt nicht zu ausschmückungungen hinreißen lassen und sich an Fakten gehalten. Mein Herr ist - anders als ich - sehr belesen. Ich bin nur ein einfacher Diener, der für seinen Herrn sterben würde. - Doch still, ich glaube, mein Herr will einen neuen Versuch wagen, sich der Geschichte zu erinnern, die tiefe Narben in seiner Seele hinterlassen hat.


Der Krieg hatte unsere Truppe vom Regiment abgeschlagen. Kein Feind, kein Freund weit und breit - wir sehnten uns nach Nahrung und einem Bett. In der Nähe eines Sumpfes stand unser Lager, abwechselnd hielt jeder Wache. Nacht war es, als ich an der Reihe war. Ich lehnte mich an einen der wenigen Bäume. Es war lau, trotz des Blutes, das wir vergossen hatten, schien alles friedlich, als....


Mein Herr sinkt in sich zusammen. (Sie müssten sein Gesicht sehen.) Er erlebt alles zum wiederholten Male: daß sich unbemerkt, als er an jenem Baum lehnte, eine große schwarze Spinne zu ihm herabließ . Sehen Sie! Er wähnt sie auch jetzt auf seiner Schulter, spürt sie scheinbar - wie immer, wenn er darüber spricht. Seit jener Nacht ist mein Herr nie mehr normal geworden. - aber er ist tapfer und versucht weiter ihnen von dem geschehnen

zu erzählen


Verzeihen Sie - eine kleine Schwäche! Wo war ich angelangt? Die Nacht schien friedlich, bis ich sie wahrnahm: Eine fette, widerlich behaarte schwarze Spinne, die auf meiner Schulter saß! Ich schüttelte mich voller Ekel, aber sie ließ trotz meiner Bewegungen nicht von mir ab. Ich beruhigte mich langsam, blickte sie an und meinte mich selbst in ihren vielen Augen zu erkennen. Sie schien mich anzugrinsen. Gott sei Dank war meine Truppe nichtsahnend. Ich weiß nicht, wieviele Stunden ich mit jener schwarzen Spinne, auf meiner Schulter sitzend, da gestanden habe, aber es müssen Stunden gewesen sein. Hinten am Horizont dämmerte der Morgen, als das grauenhafte geschah - nein - ich kann es nicht sagen. Zu unaussprechlich ist der Ekel, die Angst, die mich überwältigte.


Bartholomé! Ja, Herr. Ich kann keiner Seele davon erzählen und ich möchte es auch nicht, verstehst Du, Bartholomé. Zu furchtbar ist es, keiner außer mir kehrte zurück. Aber auch ich mußte Schmerzen erdulden. Ich verstehe Sie, Herr. Niemand zwingt Sie dazu. Es ist spät. Ich werde Sie zu Bett bringen. Ja, Bartholomé. Du hast recht. Ich kann seit ihrem Biß nicht mehr laufen, halluziniere bei jedem Schritt von den toten Leibern, die mich mit leblosen Augen anstarren, als ob sie mich rufen, mich mit Schuld beladen wollen. Morgen werde ich mein Erlebnis erzählen können, Du hilfst mir dabei, mein Bartholomé.


Ja, Herr. Schlafen sie geruhsam.



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